Wie sich die Corona Pandemie auf Festungsmuseen und Monumente auswirkt
Sachartikel, veröffentlicht im Exkursionsführer Westwalltag, Juli 2020
Autor: Dirk Röder
Die Corona Pandemie hat unser Leben und unsere Arbeit in vielen Bereichen stark beeinträchtigt und wahrscheinlich für immer verändert. Festungen und vom Tourismus abhängige Betriebe erlebten und erleben immer noch die größte vorstellbare Krise, mit weitreichenden wirtschaftlichen und teilweise existenziellen Folgen. Wen die Krankheit erreichte, dem blieb oft nur die Hoffnung und der Beistand seiner Angehörigen und Freunde.
Die Instrumente zur Bewältigung der Krise indes waren umfangreich: Heimarbeit, Kurzarbeit, Schließungen, Kontaktverbote, Abstands- und Hygieneregeln, staatliche Förderung, Studien, Gesetze, Forschungen, Konzepte, regionale Initiativen, lokale Hilfen u.v.m.
Dennoch hat das reale Ausbleiben von Gästen und damit touristischen Einnahmen viele Monumente, Betreiber und Interessensvereine schwer getroffen und wirkt nachhaltig. Laufende Kosten für Energie und Objektpflege mussten weiterhin bezahlt werden, Honorarkräfte hatten von heute auf morgen kein Einkommen mehr. Verantwortliche und Betreiber mussten sich in neue Gesetze und Regularien einarbeiten und hatten zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Beantragung von Kurzarbeit und Förderungen, die Stundung und Verlängerung von laufenden Projekten oder die Rückabwicklung von Tickets.
Um nicht in Vergessenheit zu geraten wurden Rundschreiben, Posts, Videoclips, Online-Quiz und Puzzles sowie virtuelle Rundgänge produziert, brachten aber keine Einnahmen.
Wer wieder öffnen wollte, investierte zunächst in Schutz- und Hygienemaßnahmen und Desinfektionsmittel und stellte Personalpläne um. Die Gästeführer wurden zu Pandemieexperten und Sicherheitsbeauftragten zur Durchsetzung von Objektregeln. Zusätzlich erschwert wurde die Situation durch regional unterschiedliche Regelungen und Auslegungen, die für auswärtige Gäste nicht nachvollziehbar waren. Das Beschwerdemanagement von Standorten mit sonst mehr als 250.000 Besuchern pro Jahr verdoppelte sich mindestens. Betreiber von Standorten mit kleinen Räumen fragten sich, wozu der ganze Aufwand, wenn maximal nur 2 Personen in das Objekt durften.
Zudem fielen oftmals Interessensvereine und ehrenamtliche Betreiber durch das Förderraster von Bund und Ländern. Und während seit Anfang Juni Lockerungen vielerorts wieder zu limitierten Besucherzahlen führen, liegt der gesamte Event- und Veranstaltungsbereich nach wie vor nahezu vollständig brach. Geplante und zum Teil bereits investierte Veranstaltungen müssen abgesagt oder langfristig verschoben werden, gebundene Eventpartner gehen unter Umständen in die Insolvenz und mit ihnen das investierte Kapital. Das Gedenkjahr zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges, das insbesondere auch das Festungserbe des Westwalls betrifft, ist vollständig und oft ersatzlos ausgefallen. Manche Behörden halten aktuell am Verbot von Großveranstaltungen auf 2-Jahresfrist(!) fest.
Aber, und zum Glück kann ein Aber gesetzt werden, sind viele Grenzen wieder geöffnet, sind Lockerungen unter Auflagen in Kraft und Tourismusbetriebe und Museen verzeichneten im Juni teilweise höhere Besuchszahlen als im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Hunger nach Freizeit-, Ferien und Erlebnisangeboten ist ungestillt vorhanden, insbesondere in Nähe zum eigenen Zuhause und mit dem Gefühl von Sicherheit. Wer sich auf diese Zielgruppen einstellt, wird zunächst schnell spürbare Erfolge verzeichnen können.
Festungsmonumente haben den Vorteil, dass sie multidimensionale Erlebnisstandorte sein können und per se eine bestimmte Faszination auf viele Zielgruppen ausüben. Sie bieten zudem oftmals gute bis sehr gute Voraussetzungen für „Corona-sicheren-Tourismus“. Die Anlagen sind weitläufig und mit vielen Außenbereichen, oft dezentral gelegen und implizieren als Bauwerk massiven Schutz (s. auch Handreichung „C19-Folgen“ für Festungsmonumente, FORTE CULTURA e.V., 11.05.2020)
Die neue Corona-bedingte Förderkulisse kann nachhaltige Investitionen in die Standortinfrastruktur und die Entwicklung neuer Besuchs- und Angebotskonzepte ermöglichen. Regionale Tourismusnetzwerke gehen mit dem richtigen Management i.d.R. gestärkt, synergetischer und mehr miteinander aus der Krise hervor. Es erfolgt generell ein Überdenken der bisherigen Angebote, was oft zu höherer Diversität und einem Themen-, Genre- und Medienmix führt. Insbesondere die Entwicklung und Implementierung digitaler Erlebniswelten in reale Besuchskonzepte, beispielsweise in Form von Virtual oder Augmented Reality, hat sich rasant beschleunigt.
Im Rahmen der europaweiten Vernetzung für die Kulturroute der Festungsmonumente FORTE CULTURA wurden interessante Initiativen und Lösungsansätze gestartet. Ansätze, die nicht nur die Folgen der Corona Krise mindern, sondern auch das Miteinander sowie die Zukunft von Besuchs- und Erlebniskonzepten in Festungsmonumenten nachhaltig beeinflussen können.
Die Krise als Chance zu begreifen, eröffnet in aller Regel neue und gangbare Wege. Der kreative Umgang mit der Situation, die Reflektion des Bisherigen, die Einwerbung und Nutzung von Hilfen und Fördermitteln und deren intelligenter und nachhaltiger Einsatz können zudem mehr Flexibilität und damit Sicherheit für die Zukunft schaffen.
Als Festungsmonument stehen Sie damit nicht allein. FORTE CULTURA befördert gemeinsam mit anderen Netzwerken (z.B. EFFORTS oder der Liberation Route Europe) die Wahrnehmung der Festungen als bedeutendes europäisches Kulturerbe und damit auch um Hilfen, die man eventuell einzeln nicht erreicht. Die Stimmen von aktuell 71 Mitgliedern aus 17 europäischen Ländern dürften an mancher Stelle ins Gewicht fallen.